Verkehr, Großindustrie, Erdölproduktion und Konsumgesellschaft als alleinige Verursacher der Klimakrise? Auch die globale Landwirtschaft trägt wesentlich zum Klimawandel bei – inwiefern, erklären wir dir hier.
Verkehr, Großindustrie, Erdölproduktion, Konsumgesellschaft – bei diesen Worten denkt heutzutage bereits jeder intuitiv an die Klimakrise und ihre Hauptverursacher. Obwohl alle der genannten Sektoren ihr Scherflein zum globalen Emissionsausstoß beitragen und auch so manche Normalität des westlichen Alltagslebens (z.B.: mehrere Fernreisen pro Jahr) zukünftig nicht mehr akzeptabel ist, setzt die Politik meist nur auf Symptombekämpfung.
Der Beitrag von Ernährung und Landwirtschaft zum Klimawandel
Hinter die Kulissen eines zutiefst ungerechten Systems, welches sich in individuelles Verhalten, Organisationen und öffentliche Infrastrukturen eingeschrieben hat und damit resistent gegen Kurskorrekturen wie Plastiksackverbote (u.ä.) geworden ist, möchte schließlich niemand so genau blicken. Tut man es doch, wird deutlich, dass auch woanders – nämlich in Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion – vieles im Argen liegt. Gesellschaftlich finden diese Themen aber nur wenig Beachtung. Diese Ignoranz ist bis heute der Auslöser für ein Wirrwarr an sinn-und wirkungslosen Initiativen für „mehr Nachhaltigkeit“. Dabei gehen ganzheitliche Betrachtungen (wie die nachfolgende) in der neoliberalen Verblendung unter.
„Kein Lebewesen auf der Erde kann unabhängig von allen anderen leben. Wir sind existenziell aufeinander angewiesen. Damit Leben auf der Erde gedeihen kann, muss ein ganzes Universum von Wesen mit unterschiedlichsten Fähigkeiten in Beziehung treten und etwas füreinander tun.“1
Ein kleine Schätzaufgabe zum Einstieg: Wieviel Prozent der Treibhausgase (THG) werden aktuell von der Landwirtschaft – mitsamt Zulieferketten und Fleischindustrie – verursacht? Sind es 5, 10 oder gar 20%? Die richtige Antwort: kommt auf das untersuchte Land an! So errechnete eine Studie für Großbritannien und Finnland Werte von über 20%, die EU publizierte gar Daten, welche von rund 30% ausgingen. Insgesamt betrachtet scheinen die höheren Werte der Realität allerdings mehr zu entsprechen. In jedem Fall geht es hier um das Emittieren drei spezifischer THG: Lachgas, Methan und Kohlendioxid. Lachgas entsteht vorrangig durch übermäßige (Stickstoff-)Düngung, Methan im Verdauungsprozess von Wiederkäuern und Kohlendioxid als Resultat landwirtschaftlicher Betriebsmittel (Bewässerungsanlagen, Pflanzenschutzmittel etc.)2.
Zu einem ähnlich deutlichen Resultat kommt auch eine Untersuchung, deren Co2-Berechnungen zu den typischen Mittagsmenüs einer Betriebskantine einigermaßen schockierend sind. Fleisch und Milchprodukte (z.B.: Parmesan) sind, soweit klar und bekannt, als „Klimaschädlinge“, möglichst sparsam einzusetzen. Dass aber selbst Reis – aufgrund des beim Anbau entstehenden Methan – eine hohe Co2-Bilanz aufweist (1kg Reis erzeugt in etwa so viel Kohlendioxid wie 20kg Kartoffeln!) oder Veggie-Burger auf dem viertschlechtesten Rang landen, verwundert dann doch.
Allerdings darf an dieser Stelle nicht darauf vergessen werden, dass die einzelnen Produkte, bis sie schlussendlich auf unseren Tellern liegen, mitunter schon weite Wege hinter sich haben: „Erst wird es angebaut oder gezüchtet, danach geerntet oder geschlachtet, dann mitunter kilometerweit transportiert, gekühlt, gelagert, eventuell weiterverarbeitet, verpackt, gehandelt und schließlich verkauft, nur um anschließend in unserer Küche nochmals gekühlt und gelagert zu werden, bevor es zubereitet wird – oder im Müll landet, der entsorgt werden muss“3 . Prinzipiell sind derart lange Produktionswege aber häufig vermeidbar und lediglich der Profitmaximierung geschuldet. Das Auslagern bestimmter Prozesse ins (billigere) Ausland erhöht meist die Marge.
Von Großindustrien, Massentierhaltung und verlorener Diversität
Im Grunde bestimmen nur eine Handvoll Unternehmen über die weltweiten Produktionsstandards in der Landwirtschaftsbranche. Gemäß einer Analyse der Heinrich Böll Stiftung sind es gerade einmal fünf Agrarkonzerne, welche verschiedenste Sektoren wie Nahrungsmittelproduktion, Futter-und Düngemittelherstellung, sowie Agrokraftstoffe unter ihrer jeweiligen Dachmarke vereinen. Nämlich die sogenannte „ABCD“-Gruppe: „Archer Daniels Midland“, „Bunge“, „Cargill“ sowie die „Louis Dreyfus Company“. Zuletzt gesellte sich noch der chinesische Getreideriese „Cofco“ zu dieser elitären Runde. Cofco erzielt nicht zuletzt aufgrund von Spekulationen mit Grundnahrungsmitteln an der Börse gigantische Gewinnsummen4.
Als eine der gravierendsten Folgen jener Zentralisierung von Anbau, Verarbeitung, Vermarktung und Distribution ist die globale Überproduktion von Lebensmitteln. Statt im Einklang mit den Bedürfnissen der Konsument*innen (quasi „on demand“) oder der Saisonalität von Pflanzen zu produzieren, werden die laufenden Überbestände mit allen Mitteln in den Weltmarkt gedrückt, was etwa 2007 zu einer Hungerkrise mit über 75 Millionen betroffenen Menschen führte5.
Eine weitere Facette des Problems ist die Massentierhaltung. Speziell in Südamerika bedroht sie sensible Ökosysteme wie Regenwälder, Savannen oder Sumpfgebiete6. Laut Greenpeace wurden vom 1. bis zum 15. Juni 2020 im brasilianischen Amazonasgebiet bereits um knapp 40 Prozent mehr – zum Großteil absichtlich gelegte – Waldbrände registriert als noch im Vorjahr7. Den dadurch entstehenden, (noch) fruchtbaren Böden werden schließlich mittels Gentechnik und großflächigem Chemieeinsatz, ohne Rücksicht auf Fruchtfolgen oder Brachzeiten, große Erträge abgezwungen. Zurück bleiben ausgelaugte Felder, die mit künstlichen Stickstoffdüngern stark belastet sind. Die örtliche Bevölkerung hat oft noch für Jahrzehnte mit verseuchtem Grundwassers zu kämpfen.
Hinsichtlich industrieller Massentierhaltung muss sich aber auch Österreich Kritik gefallen lassen. Entgegen langjähriger Kritik und einer breiten Thematisierung wurden erst unlängst Fälle von massiver Tierquälerei in einer großen, AMA-zertifizierten Schweinemast bekannt8. Insgesamt stellt die österreichische Nutztierhaltung alleine (exklusive Fleischimport und Abholzung von Regenwald) mehr als die Hälfte aller Emissionen die für unsere Ernährung pro Jahr anfallen. Das sind rund 12,5 Millionen Tonnen Co2-Äquivalente9. Was sich hier als roter Faden durch alle Bereiche zieht, ist der Zwang zu Gewinnmaximierung und Effizienzsteigerung. Er lässt das globale Lebensmittelsystem – wie im nächsten Abschnitt dargestellt – schon heute an seine Grenzen stoßen.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf die globale Ernährungssicherheit aus?
Indes zunehmend auf das fragile Zusammenspiel zwischen Mensch und Umwelt hingewiesen wird, überwiegt in Hinsicht auf die Klimakrise leider nach wie vor eine anthropozentrische Sichtweise. Demgemäß lautet die Frage an die Wissenschaft nur allzu oft: „Was hat das für Folgen für die Menschheit? Wie kann die Wirtschaft dennoch weiterwachsen? Mit welchen Maßnahmen kann uns der aktuelle (westliche) Lebensstandard erhalten bleiben?“ Anstatt sich also um das Wiederherstellen bereits zerstörter Ökosysteme und den Schutz noch intakter Kreisläufe zu kümmern, steht unumschränkt das Wohl des Menschen im Mittelpunkt. Neueste Forschungsergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass bei einer weiteren Intensivierung der globalen Landwirtschaft – welche bereits für ein Viertel aller Treibhausgase verantwortlich ist – mit einem Kollaps der Nahrungsmittelproduktion zu rechnen sei.
Durch die Abnahme nutzbarer Böden sinke nämlich zugleich das Potenzial, Co2 auf natürlichem Weg aus der Atmosphäre zu binden. Das macht wiederum die Reduktion landwirtschaftlicher Nutzflächen unumgänglich10. Außerdem müsse endlich eine radikale Umverteilung der – prinzipiell vorhandenen – Ressourcen erfolgen, um die bald zehn Milliarden Menschen ernähren zu können11. Die ökologischen Wechselwirkungen nur auf die Ernährungsthematik zu beschränken, greift jedoch zu kurz. Vielmehr müsse laut Inger Andersen, der Vorsitzenden des UN-Umweltprogramms UNEP, selbst die Corona-Pandemie als Warnsignal eines aus dem Gleichgewicht geratenen Systems aufgefasst werden: „Wenn wir weiterhin die Tierwelt ausbeuten und unsere Ökosysteme zerstören, können wir einen stetigen Strom dieser Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, in den kommenden Jahren erwarten“12. Der dahinterliegende Appell an die Weltgemeinschaft ist klar: Es braucht einen radikalen Wandel – so schnell wie nur möglich!
markta machts anders!
Unser Slogans – wie zum Beispiel „markta – bringt die Region auf den Tisch“ oder „brutal regional“ – bestehen nicht nur aus leeren Versprechungen! So hat das Wort „brutal“ hier aber nichts mit Gewalttätigkeit, sondern viel eher mit einer gewissen Vehemenz zu tun, die markta seit mittlerweile drei Jahren an den Tag legt.
Uns ist bewusst, dass der Menschheit im Kampf gegen die Klimakrise keine weiteren (vergeudeten) Jahrzehnte voller „Green Deals“ und fehlgerichteter Anpassungspläne bleiben. Es muss jetzt gehandelt werden. Als eines der drei mit dem „Austria SDG Award 2019“13 ausgezeichneten Unternehmen steht markta repräsentativ für verlässliche Standards in Sachen Saisonalität, kurze Transportwege und das endgültige Aus von Massentierhaltung und Monokulturen. Außerdem durften wir kürzlich im offiziellen Präsentationsvideo des österreichischen Beitrags zur Umsetzung der „Nachhaltigen Entwicklungsziele“ zeigen, wofür wir mit Herzblut einstehen: Ein dezentrales Agrarsystem, in dem unabhängige Kleinproduzent*innen als Teiles eines großen Versorgungsnetzwerks zusammenarbeiten und dadurch flexibler im Umgang mit den zunehmenden Wetterextremen sind.
So werden im Einklang mit der Natur nicht nur hochqualitative Lebensmittel hergestellt, sondern auch echte, kompromisslose Nachhaltigkeitsmaßnahmen gefördert. Denn: Das ist saugut für das Tierwohl, unser Klima und uns Menschen!
Schau dich doch in unserem markta Magazin um. Vielleicht interessiert dich ja unser Beitrag zum Thema Qualität regionaler Lebensmittel!
Quellenangaben:
1 Freie Hochschule für Geisteswissenschaft 2017, S. 18: https://www.sektion-landwirtschaft.org/fileadmin/SLW/Literatur/Tagungsdoku/2017/Landwirte-Tagung-2017_DE.pdf
2 WWF Deutschland 2012, S. 8ff: https://www.google.at/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwjz5pOPptXqAhXtsYsKHRpkDVwQFjAAegQIARAB&url=https%3A%2F%2Fmobil.wwf.de%2Ffileadmin%2Ffm-wwf%2FPublikationen-PDF%2FKlimawandel_auf_dem_Teller.pdf&usg=AOvVaw0SiWnOI9CChZx3kkOjHJ_G
3 Märkische Allgemeine Zeitung, 2019: https://www.maz-online.de/Nachrichten/Politik/Der-Foodabdruck-Essen-fuer-das-Klima
4 Heinrich Böll Stiftung, 2017: https://www.boell.de/de/2017/01/10/fuenf-agrarkonzerne-beherrschen-den-weltmarkt
5 Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Nahrungsmittelpreiskrise_2007%E2%80%932008
6 Weltagrarbericht, 2018: https://www.weltagrarbericht.de/aktuelles/nachrichten/news/de/33409.html
7 DiePresse, 2020: https://www.diepresse.com/5832360/abholzung-im-amazonas-greenpeace-zahlt-bereits-907-regenwaldbrande
8 DerStandard, 2020: https://www.derstandard.at/story/2000118287783/schnitzel-vom-misshandelten-schwein-einzelfall-oder-system-in-oesterreich
9 Global2000: https://www.global2000.at/fleischkonsum-%C3%B6sterreich
10 Ö1-Mittagsjournal vom 2.7.2020 zum Thema “Klimafreundliche Ernährung“
11 WWF, 2014: https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/konsumverhalten/
12 Süddeutsche Zeitung, 2020: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-forscher-warnen-vor-mehr-tierkrankheiten-beim-menschen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200707-99-697381
13 LinkedIn, 2020: https://www.linkedin.com/pulse/markta-gewinnt-sdg-award-2019-wie-wir-unseren-impact-darstellen-imre/