Andreas Gugumuck setzt auf Lebensmittel der Zukunft mit langer Tradition. Als die Familie Gugumuck mit der Schneckenzucht begonnen hat, gab es diesen Beruf in Österreich noch gar nicht. Mittlerweile ist sein Betrieb der Einzige in Österreich, der die Wiener Schnecken nach EU-Richtlinien auch verarbeiten darf. Wie er auf die mutige Idee gekommen ist, Schnecken zu züchten? Welche Visionen er verfolgt und warum Schnecken ein wahrer Gaumenschmaus mit langer Tradition sind – Andreas verrät es uns!
Wie bist du auf die Idee gekommen Wiener Schnecken zu züchten?
“Schnecken wurden früher als klassische Fastenspeise gegessen und es gab sogar eigene Wiener Schnecken Märkte.”
“Ich war 10 Jahre in der IT-Branche tätig und war eigentlich immer auf der Suche nach etwas Erdigem mit Sinn. So bin ich dann durch einen Zufall, über einen Zeitungsartikel eines Haubenkochs, auf die Schnecke gestoßen. Durch Eigenrecherche habe ich herausgefunden, dass wir in Österreich eine große Schneckentradition haben. Das hat meine Motivation gestärkt! Wusstest du zum Beispiel, dass Schnecken früher als klassische Fastenspeise gegessen wurden oder dass es sogar eigene Wiener Schneckenmärkte gab? Das fand ich so großartig, dass ich das kulinarische Erbe wieder hochleben lassen wollte! Klar wusste ich auch, dass Schnecken ein unheimlich schwieriges Produkt sind – die Tradition wurde vergessen und der Bezug fehlt.”
© Lisa Edi
“Daher habe ich meinen Weg über die Spitzengastronomie gestartet und rasch die besten Restaurants als Kund:innen gewonnen. Die breite Masse zu erreichen war nicht einfach, ganz ehrlich. Aber wir waren umtriebig, bei vielen Festivals und mit Food Trucks vor Ort und konnten unzählige Leute vom Schneckengenuss überzeugen. Die erste Hürde des Probierens ist die größte und schwierigste. Wenn diese geschafft ist, kenne ich bisher keinen, dem es nicht geschmeckt hat.”
Wie werden Schnecken gehalten?
“Weinbergschnecken sind grundsätzlich am Waldrand beheimatet. Daher versuchen wir diesen Lebensraum so gut wie möglich nachzubauen.”
“Bei uns werden bis zu 300.000 Schnecken in einer Freilandkultur auf fast 2.000 Quadratmeter gehalten. Da Weinbergschnecken grundsätzlich am Waldrand beheimatet sind, versuchen wir diesen Lebensraum so gut wie möglich nachzubauen. Viele Futtermöglichkeiten, ausreichend Schattenplätze und zahlreiche Holzlatten sollen den natürlichen Lebensraum der Schnecken so gut wie möglich imitieren. Schnecken sind nachtaktiv, daher benebeln wir sie in der Nacht mit Wasser, um sie auch so bei guter Fresslaune zu halten. Grundsätzlich finden sie aber bei uns immer genügend angepflanzte Salate und Kräuter oder auch Suppengrün, welches wir von regionalen Bäuer:innen bekommen, weil es nicht mehr verkauft werden kann. Zudem streuen wir immer wieder Kalkfutter aus, das ist besonders wichtig damit das Schneckenhaus auch hart wird. Ab Oktober circa verfallen die Schnecken in eine Trockenstarre und fressen gar nichts mehr. Ab April kommen sie wieder aus ihrer Winterruhe aus ihrem Schneckenhaus heraus.”
© Lisa Edi
Wie werden Schnecken geschlachtet?
“Schnecken verfallen in eine Trockenstarre, wenn keine Feuchtigkeit vorhanden ist.”
“Je nach Gattung werden Schnecken unterschiedlich alt. Was die Schlachtung der Schnecken betrifft, zählt diese zu den ethisch vertretbarsten Vorgehensweisen bei Lebewesen. Diese sterben nämlich im Schlaf. Wie vorher schon erwähnt, verfallen Schnecken in Trockenstarre, wenn keine Feuchtigkeit vorhanden ist. Aus diesem Grund geben wir sie nach ungefähr einem Jahr Zucht in Kisten ohne Feuchtigkeit, so dass sie eben in Trockenstarre verfallen. Danach entleeren sie selbst in der ersten Nacht ihren Darm und werden dann sekundenschnell in kochendem Wasser abgetötet. Grundsätzlich versuchen wir das ganze Tier zu verwerten. Daher entfernen wir sogar die Schneckenleber, welche wie eine kleine Schnecke aussieht und für Gastronom:innen eine wahre Delikatesse ist. Derzeit tüfteln wir auch daran die restlichen Eingeweide zu Tierfutter zu verwerten.”
Zäh & Schleimig – stimmt der Schnecken Mythos?
“Ein toller Biss, nussiges Aroma und vielseitig in der Küche einsetzbar.”
“Nach wie vor bestehen die Mythen, dass Schnecken schleimig und zäh zu essen sind. Ein Mythos, der sich hartnäckig hält, aber keinesfalls wahr ist. Denn Schnecken haben einen tollen Biss und nussiges Aroma, das vielseitig in der Küche einsetzbar ist. Letztens habe ich eine Umfrage im Falstaff gesehen, wo danach gefragt wurde, was sie niemals essen würden. Dabei wurden Klassiker wie Muscheln oder Koriander genannt, diese wurden sogar vor Schnecken gereiht. Das zeigt mir schon, dass wir gute Vorarbeit zur Aufklärung von Schneckengerichten geleistet haben und Schnecken immer salonfähiger werden.”
Welches Produkt sollte man als Schnecken-Neuling zuerst probieren?
“Bei mir gibts Schnecken sogar ab und zu süß als Nachspeise.”
“Also locken können wir Leute am besten mit Schnecken im Speckmantel. Da profitieren wir von unseren Instinkten, wie aus der Steinzeit. Wenn wir Fleisch riechen, bekommen wir Hunger. Das kommt uns zugute. Wer aber nicht vom Speck-Geschmack geblendet werden will und in den Genuss des klassischen Schnecken-Geschmacks kommen möchte, sollte Den Schneckenklassiker probieren: Schnecken gratiniert in der Pfanne. Das ist auch mein Lieblingsgericht und bestelle ich tatsächlich immer, wenn wir in einem Restaurant sind, wo es meine Schnecken zu essen gibt. Ich bin einfach immer neugierig, wie Köche meine Schnecken zubereiten. Übrigens gibts bei mir auch ab und zu Schnecken zur Nachspeise, denn man kann diese auch süß zubereiten.”
Die Zimt-Schnecke neu interpretiert: hier gibts ein tolles Gugumuck Schnecken-Rezept dafür.
© Lisa Edi
Fotos © Barbara Dür